Start Wirtschaft Embracer-Unwucht: Die Auswirkungen auf Deutschland

Embracer-Unwucht: Die Auswirkungen auf Deutschland

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Die Aufspaltung der Embracer Group hat gravierende Folgen - auch für die Belegschaft im deutschsprachigen Raum (Fotos: GamesWirtschaft)
Die Aufspaltung der Embracer Group hat gravierende Folgen - auch für die Belegschaft im deutschsprachigen Raum (Fotos: GamesWirtschaft)

Der Jahresreport der Embracer Group zeigt, dass der Konzern-Umbau insbesondere das PC- und Konsolen-Segment getroffen hat – und den deutschsprachigen Raum.

Derweil in Schweden die Vorbereitungen für die Aufspaltung der börsennotierten Embracer Group laufen, dokumentiert der heute veröffentlichte Jahresreport 2023/2024, wie sehr der XXL-Spielehersteller seit Sommer 2023 durch die Mangel gedreht wurde.

Denn infolge eines geplatzten Milliarden-Investments sah sich das Management um CEO Lars Wingefors veranlasst, den zuvor stark gewachsenen Konzern auf links zu drehen und zu ‚verschlanken‘ – inklusive dem Abbau von 1.600 Stellen, Projekt-Stopps, Dutzenden Studio- und Standort-Schließungen und dem Verkauf ganzer Geschäftsbereiche. Durch die Abspaltung der US-Sparten Gearbox und Saber Interactive wechseln über 3.000 Menschen den Arbeitgeber; die Maßnahmen wurden teils erst vor wenigen Tagen abgeschlossen und sind daher nur teilweise im Jahresreport berücksichtigt.

Das 180-Seiten-Dokument (PDF) bestätigt den Eindruck, wonach die schmerzhafte Umstrukturierung insbesondere das Kerngeschäft mit PC- und Konsolen-Games betrifft – trotz vereinzelter Erfolge wie Dead Island 2 und stabiler Nachfrage nach Bestandstiteln. Die Zahl der Beschäftigten in dieser Sparte ist innerhalb eines Jahres von über 10.400 auf 6.400 gesunken; von 102 Studios zum Stichtag 31. März 2023 sind zwölf Monate später ’nur‘ noch 73 übrig. Die Zahl ist seitdem noch weiter gesunken: Erst in dieser Woche wurde bekannt, dass das Alone in the Dark-Studio Pieces Interactive abgewickelt wird.

Die Embracer Group zerfällt in drei eigenständige Unternehmen: Asmodee, Coffee Stain und Middle-Earth Enterprises (Stand: 25.4.204)
Die Embracer Group zerfällt in drei eigenständige Unternehmen: Asmodee, Coffee Stain und Middle-Earth Enterprises (Stand: 25.4.204)

Während einige Standorte von den Sparmaßnahmen nur marginal betroffen waren oder sogar Personal aufgebaut haben, hat es den deutschsprachigen Raum hart getroffen – also dort, wo Embracer via THQ Nordic (Wien) und Plaion (München) samt Töchtern zu den größten Arbeitgebern der Branche zählt.

In Deutschland sank die Mitarbeiterzahl von 967 (März 2023) auf 843 (März 2024): Allein 100 Jobs sind durch die Halbierung der Belegschaft beim Chorus-Studio Fishlabs in Hamburg und bei den Destroy All Humans!-Machern von Black Forest Games in Offenburg weggefallen. Beim Essener Studio Piranha Bytes (Gothic, Risen, Elex) kämpft ein Rumpfteam um die zunehmend unwahrscheinlichere Rettung von Standort und Fördergeld-Zusagen.

Binnen eines Jahres haben außerdem 40 Embracer-Beschäftigte in Österreich das Unternehmen verlassen: In Entwicklung und Publishing waren dort zuletzt 312 Angestellte in Lohn und Brot.

Große Erwartungen setzt das Unternehmen nun auf Kingdom Come Deliverance 2 und weitere Blockbuster – Neuheiten wie Disney Epic Mickey: Rebrushed, das Gothic-Remake und Titan Quest 2 werden Ende August auf der Gamescom gezeigt.

Anders als der PC-/Konsolen-Bereich blieb die Belegschaft der Mobile-Games-Sparte (zu der unter anderem die Berliner Filiale DECA gehört) nahezu unverändert bei weltweit rund 1.100 Angestellten. Gleiches gilt für die über 2.400 Mitarbeiter im Brettspiel- und Tabletop-Geschäft: Asmodee wird künftig als eine von drei Einheiten separat an der Börse notiert.

Mit Blick die steigende Relevanz von Künstlicher Intelligenz bei der Kalkulation und Umsetzung von Videospielen ist diesem Thema ein eigenes Kapitel im Jahresbericht gewidmet: Embracer verfolgt einen „human-centric approach to AI in games“. Der Mensch soll im Mittelpunkt stehen – die Angestellten würden demnach nicht ersetzt, sondern in ihrer täglichen Arbeit durch KI unterstützt. Davon soll nicht nur die Effizienz profitieren, sondern aber auch Diversität und Inklusion – etwa dadurch, dass sich die beruflichen Chancen von Menschen mit Handicap verbessern.

Die Frage, auf KI ganz zu verzichten, stellt sich für das Management nicht – denn dies hätte einen gravierenden Wettbewerbsnachteil zur Folge. Deshalb werden schon jetzt Tools für die Produktion von Grafiken und Animationen eingesetzt, für die Entwicklung und den Feinschliff von Ideen sowie die Qualitätskontrolle. Auch die eigentliche Spielerfahrung soll für die Kunden einzigartiger, personalisierter und dynamischer ausfallen: So könnten sich zum Beispiel Figuren an vorherige Aktionen ‚erinnern‘ und darauf à la minute reagieren.